Ein Unterrichtsentwurf mit dem Gedicht Anfang von Theo Weinobst

Unterrichtsentwurf: Paulina St±porska, NKJO Radom. Bearbeitung: Ewa Turkowska
   
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Abkürzungen:
SF - Sozialform
FU – Frontalunterricht
PL – Plenum
GA – Gruppenarbeit
PA – Partnerarbeit
EA – Einzelarbeit
L – der Lehrer, die Lehrerin
S, Sch – der Schüler, die Schüler
LV - Leseverstehen

HV – Hörverstehen

1. Text und Begründung der Textwahl

 

                                            Theo Weinobst

 

Anfang
Baby
Creme
Daumen
Erfahrung
Fortschritt
Grundschule
Hauptschule
Irrwege
Jugendsünden
Küsse
Liebe
Mann und Frau
Neureich
Ordnung
Posten
Qualität
Rastlosigkeit
Sommerhaus
Traumreise
Untergang
Veralten
Warten
X
Y
Zentralfriedhof

In: Krusche, Dietrich/ Krechel, Rüdiger: Anspiel. Konkrete Poesie im Unterricht Deutsch als Fremdsprache. Inter Nationes, Bonn 1992, Text Nr. 55.

 

Die Gruppe, mit der ich den Unterricht mit diesem literarischen Text durchführen wollte, befindet sich auf einem niedrigen Sprachniveau. Die Jungen lernen Deutsch seit 2 Jahren, das ist die zweite Fremdsprache für sie. Bislang haben sie nie mit einem literarischen Text im Deutschunterricht gearbeitet. Die Schüler der 3. Klasse Lyzeum sind fast erwachsene Menschen und das Thema „Leben“, mit dem wir uns im Unterricht beschäftigen wollten, betrifft jeden Menschen. Sowohl ihr eigenes Vorwissen, als auch ihre eigenen Erfahrungen sind ausreichend fur die Arbeit mit dem Gedicht . Dieser Text knüpft im groβen Teil an bereits gesammelten Lebenserfahrungen der Schüler an. Das Gedicht gehört zur Kategorie „Konkrete Poesie“, besteht nur aus einigen Wörtern, die aber sehr viel ausdrücken. Die Struktur des Gedichts ist einfach und überschaubar, jeder Vers besteht aus einem Wort. Die Wörter, die das ganze Gedicht bilden, wurden vom Autor so ausgewählt, dass die Problematik des Textes sofort und leicht erkennbar ist. Die Schüler müssen nicht die Bedeutung jedes einzelnen Wortes kennen, um den ganzen Text zu verstehen. Im Gedicht kommen nur einige fur die Sch. unverstandliche Wörter vor. Der Text und seine Thematik bieten sowohl dem Lehrer, der den Unterrichtsablauf plant, als auch den Schülern, die am Unterricht teilnehmen, viele Möglichkeiten der Arbeit. Im Unterricht wird es gelesen, zugehört, gesprochen, geschrieben, also viele Aktivitäten der Schüler werden berücksichtigt. Ein wichtiges Kriterium, das mit diesem Gedicht realisiert werden kann, ist die literarische Relevanz, weil man Übungen planen kann, die mit der Literaturtheorie verbunden sind ( Erläuterung des Begriffs „Konkrete Poesie“). Die Diskussion oder eine andere Form der Meinungsäuβerung zum Thema „Leben“ lässt den Lehrer auch affektive Ziele des Unterrichts realisieren, was von groβer Bedeutung ist.
Anhand der von mir genannten Argumente finde ich das Gedicht für besonders geeignet für den Einsatz im Unterricht mit meinen Schülern.

  

2. Unterrichtsentwurf

Klasse: 3.
Schultyp: Lyzeum
Schülerzahl: 11 (Gruppenunterricht)
Wochenstundenzahl: 3
Unterrichtsjahr: 3.
Sitzordnung: hufeisenförmig
Thema: Das Leben. Arbeit an einem literarischen Text.
Ziele der Stunde: Schulung des kreativen Schreibens, Vermittlung von literarischen Inhalten


Phase/

Lernziele

Interaktionen

Sozial-

form

Medien/

Materialien

1.Vorbereitungs- und Einführungsphase

 

Die Schüler können anhand des gehörten Textes das Thema der Stunde erraten

 

 

 

Die Schüler sind im Stande, mehrere Assoziationen zum Thema zu sammeln und in einer gröβeren Gruppe zu arbeiten.

Die Schüler konnen einen Text zum Thema "Leben" schreiben.

Die Lehrerin erklärt den Schülern, worin die Aufgabe besteht. Die Schüler machen ihre Augen zu und erleben die Phantasiereise, indem sie sich das alles vorstellen, was die Lehrerin vorliest. Dann machen die Schüler ihre Augen auf und sagen das Schlusselwort des Textes, dem sie gerade zugehört haben. Der Begriff „Leben“ ist zugleich Thema der Stunde, das die Lehrerin an die Tafel schreibt. Die Schüler schreiben das Thema ab.

 

Die Schüler werden in 2 Gruppen eingeteilt, jede Gruppe bekommt ein Blatt mit dem Assoziogramm zum Thema „Leben“. Die Schüler schreiben möglichst viele Wörter. Jede Gruppe liest ihre Ideen vor und die Lehrerin ergänzt mit den vorgelesenen Wörtern das Assoziogramm an der Tafel. Die Gruppe, die die meisten Wörter ausgedacht hat, bekommt Pluspunkte. Die Lehrerin nennt auch eigene Assoziationen, die das Thema betreffen.

Zu zweit schreiben  die Schüler einige Satze zum Thema „Das menschliche Leben“.

Jedes Paar liest seinen Text vor.

PL

 

 

 

 

 

 

GA

 

 

PL

Text der Phantasiereise

(Anlage 1)

Tafel

Hefte

 

 

 

Blätter mit dem Assoziogramm

Tafel

 

 

2.Phase der Textpräsentation und Texterarbeitung

Die Schüler können die richtige Reihenfolge des Textes finden.

 

Die Schüler sind im Stande die Bedeutung der  Wörter abzuleiten und sie mit anderen Worten zu ersetzen.

 

 

Die Lehrerin verteilt den zerschnittenen Text des Gedichts (3 erste Zeilen werden zusammen vorgegeben) an die Schüler. Die Schüler bringen den Text des Gedichts in die richtige Reihenfolge.

Die Lehrerin liest den ganzen Text vor und die Schüler prüfen, ob sie ihn richtig geordnet haben.

Die Schüler fragen die Lehrerin nach den unbekannten Wörtern und die Lehrerin sagt ihnen die Bedeutung dieser Wörter.

Die Lehrerin verteilt den ganzen Text an die Schüler und bittet sie darum, dass sie einzelne Wörter erläutern (z.B. Anfang- ein Kind wird geboren). Wenn die Schüler dabei sprachliche Probleme haben, dann sagen sie das auf Polnisch.

 

PA

 

 

 

PL

der zerschnittene Text des Gedichts

 

 

 

 

 

Der vollständige

Text des Gedichts

 

 

3. Interpretationsphase/

Die Schüler können den Text betiteln.

Die Schüler werden in 3 Gruppen eingeteilt, jede Gruppe bekommt einen leeren Zettel und schreibt einige Vorschläge, wie man das Gedicht betiteln könnte.

Jede Gruppe liest ihre Vorschläge vor und die Schüler wählen den besten Titel, dessen Autoren Pluspunkte bekommen.

GA

 

 

PL

leere Zettel

 

 

 

 

4. Textverarbeitungs- und Übungsphase

Die Schüler können sich kreativ in einer schriftlichen Form zum vorgegebenen Thema äuβern.

 
Die Schüler sind im Stande, das beste Werk zu wählen.

 

 

 

Die Schüler können die Elemente des gelesenen Textes in die richtige Reihenfolge bringen.

Die Lehrerin verteilt die Blätter, auf dem Buchstaben nacheinander geschrieben wurden. Die Schüler denken über ihr eigenes Leben  nach und schreiben ihr eigenes Gedicht.

Die Gedichte der Schüler werden im Klassenraum ausgehängt und die Schüler lesen sie. Jeder Schüler wählt ein Gedicht, das ihm besonders gut gefallen hat. Das Gedicht, das die gröβte Schülerzahl gewählt hat, gewinnt und sein Autor bekommt Pluspunkte.

Alle Schüler sitzen im Kreis, die Lehrerin fragt sie danach, ob sie sich bereits mit einem Gedicht beschäftigt haben, das nur aus einigen Wörtern bestand. Die Lehrerin sagt den Schülern, dass das Gedicht ein Beispiel der „Konkreten Poesie“ ist und verteilt je ein Kärtchen an die Schüler. Die Schüler stehen auf, jeder liest seinen Teil des Textes vor und sie finden die richtige Reihenfolge des Textes.

Die Lehrerin bittet einen Schüler darum, dass er den ganzen Text der Definition vorliest und auf Polnisch sagt, was im Text geschrieben steht. Sie verteilt die Blätter mit der Definition an jeden Schüler, die sie beibehalten.

EA/PA

 

 

 

PL

 

 

 
 

PL

 

Blätter mit dem Abcdarium

(Anlage 2)

Gedichte der Schüler

 

 

 

Kärtchen mit den Elementen der Definition 
(Anlage 3)

  

Blätter mit der vollstandigen Definition

 

 
 

3. Anlagen

Anlage 1. Phantasiereise
 
 
 
Ich heiβe Max und bin 18 Jahre alt. Ich bin in der dritten Klasse Lyzeum. Jeden Tag gehe ich um 7.30 Uhr in die Schule, wo ich viele Klassenarbeiten schreibe, aber auch meine Schulkameraden treffe. Dann mache ich viele Hausaufgaben und lerne auch sehr viel, weil ich in diesem Schuljahr das Abitur bestehe. Abends spiele ich Computer, gehe mit meinem Hund spazieren. Manchmal gehe ich auch mit meinen Freunden aus. So sieht mein ganzes Leben  aus!
 
 
Anlage 2. Abcdarium zum Wort „Leben”
 
 
 
A
B
C
D
E
F
G
H
I
J
K
L
M
N
O
P
Q
R
S
T
U
V
W
X
Y
Z
 
 
 
 
 
 
 
Anlage 3. Definition der Konkreten Poesie.
 
Der Text wird für die Ûbung zerschnitten.
 
 
KONKRETE POESIE
 

Konkrete Poesie ist eine Tendenz in der modernen Literatur,

 

die etwa seit 1950 international auftritt.

 

Sie bezeichnet Versuche in der Lyrik,

 

aus dem sprachlich „konkreten“ Wortmaterial (Substantive, Verben, Pronomina) Gedichte zu bilden.

 

Der lyrische Text ist nicht nach den Regeln der Grammatik gebaut,

 

wichtig ist die visuelle, graphische Form des Textes.

 

Der Leser muss selbst die Zusammenhänge

 

im Text erraten und den Sinn ergänzen.

 

Theoretisch steht die konkrete Poesie in der Tradition

 

des italienischen Futurismus und des Dadaismus.




4. Didaktischer Kommentar

 
Die Präsentation des kurzen Textes von der Lehrerin in Form von Phantasiereise gibt den Schülern die Gelegenheit, sich gut zu konzentrieren. Dieser Schritt dient auch dazu, die Schüler ins Thema des Unterrichts einzuführen, das sie anhand des zugehörten Textes selber entdecken. Die Arbeit am Assoziogramm dient sowohl als Einführung ins Thema des Unterrichts, als auch als lexikalische Vorentlastung. Dabei arbeiten die Schüler in  Gruppen, was sie zur Rivalität mit der anderen Gruppe und zur sinnvollen Zusammenarbeit innerhalb der eigenen Gruppe zwingt. Der Preis in Form von Pluspunkten wirkt auf die Schüler motivierend. Die schriftliche Arbeit, die Schüler zu zweit ausüben, soll ihre Kreativität auslösen und sie zum Arbeit zwingen. Jedes Paar nimmt aktiv an der Aufgabe teil.
Der Text, dessen 3 erste Zeilen zusammen vorgegeben werden und der Rest zerschnitten wurde, hilft den Schülern beim Erraten der richtigen Reihenfolge. Beim Hören des Textes, indem die Lehrerin ihn vorliest, lesen und hören die Schüler zugleich den Inhalt. Sie haben schon die Möglichkeit, das zu überlegen, was und wieweit sie das verstehen. Indem jeder Schüler den Blatt mit dem ganzen Gedicht bekommt, kann er sich besser darauf konzentrieren, sich irgendwelche Notizen machen, das hilft auch bei der Konzentration auf den Inhalt des Gedichts.
Erläuterung des einzelnen Wortes, entweder auf Deutsch, oder auf Polnisch, wenn die Schüler Probleme mit der Äuβerung in der Zielsprache haben, lässt die Schüler, das Bild zu schaffen, das der Text darstellt und zeigt der Lehrerin, wie die Schüler einzelne Wörter interpretieren.
Die Aufgabe, in der die Schüler das Gedicht betiteln, zeigt, was in dem Gedicht für sie persönlich wichtig ist. Motivierend wirkt auf sie die Form der Konkurrenz.
Indem die Schüler Blätter mit dem Abcdarium bekommen, schreibt jeder von ihnen sein eigenes Gedicht, das ihn persönlich und sein eigenes Leben betrifft. Dabei haben die Schüler die Gelegenheit,  ihre Gefühle, Emotionen, Gedanken und Überlegungen auszudrücken. Die ausgehängten Werke der Schüler bieten ihnen die Möglichkeit, sich mit den Gedanken jedes Schülers vertraut zu machen und dann dieses Gedicht zu wählen, das jedem am besten gefallen hat. Das ist auch die Zeit, wenn die Schüler erfahren, wie die anderen fühlen und denken, was sie für wichtig halten und was für ein Bild jeder von ihnen zeichnet.
Die Aufgabe, in der Schüler erfahren, was „Konkrete Poesie“ ist, verbindet die Vermittlung  von literarischen Inhalten mit einer Sprachubung. Die Schüler müssen einander die Teile, die sie von der Lehrerin bekommen haben, vorlesen und einen volstandigen, grammatisch korrekten Text erstellen. Dabei haben sie die Möglichkeit der Zusammenarbeit, also können sie etwas Neues miteinander und zugleich voneinander lernen.

5. Bericht über den Stundenverlauf 

 
Die Arbeit am Gedicht umfasste zwei Unterrichteinheiten. Die Schüler waren sehr neugierig, was im Unterricht passieren wird, wie er aussehen wird und worin ihre Aufgaben bestehen werden. Es herrschte eine lockere und gemütliche Atmosphäre im Unterricht. Überraschend waren für mich Probleme, die Schüler mit dem Wortschatz hatten, z.B. „Creme“. Sehr gut hat den Schülern die Phantasiereise gefallen, die sie schon früher im Deutschunterricht bei einem anderen Thema erlebt haben. Sofort erkannten mehrere Schüler, um was für ein Thema es sich handelt. Es gab auch andere Vorschläge, wie „Mein Tag“ oder „Die Woche“. Sehr interessant und motivierend finden die Schüler immer eine Art Konkurrenz, deswegen hat ihnen die Gruppenarbeit am Assoziogramm viel Spaβ gemacht. Beide Gruppen haben sich viel Mühe gegeben, um so viele Wörter aufzuschreiben, wie sie nur ausdenken können. Manchmal haben sie einige Wörter auf Polnisch geschrieben, weil sie ihre deutschen Entsprechungen nicht kannten. Dann haben wir alle zusammen versucht, diese Wörter ins Deutsche zu übersetzen. Die Struktur des Gedichts hat ihnen auch gut gefallen, sie haben sehr schnell erkannt, wie sie die Zettel in die richtige Reihenfolge bringen sollen. Natürlich haben alle Schüler diese Aufgabe richtig gelöst, was sie sehr gefreut und zur weiteren Arbeit neu motiviert hat. Bei der Textarbeit  gab es Wörter, die Schüler sofort erläutern konnten, z.B. „Anfang“, aber einige mussten die Schüler ein bisschen länger überlegen, z.B. „Daumen“. Aber es ist uns gelungen, das Gedicht in einer angenehmen und für die Schüler verständlichen Weise zu interpretieren. Das kreative Schreiben, das ich den Schülern vorgeschlagen habe, hat ihnen einige sprachliche Probleme bereitet. Ihre eigenen Gedichte haben ihnen auch viel Spaβ gemacht, beim Schreiben waren sie sehr lustig. Jeder Schüler war an die Ergebnisse seiner und anderer Schüler Arbeit sehr interessiert. Es gab Gedichte, die dem Originellen ähnlich waren, es gab auch solche, die nur dieses Schuljahr im Leben der Schüler betrafen. Den Schülern hat es auch gut gefallen, dass sie darüber entscheiden konnten, welches Gedicht das Beste ist. Ein guter Vorschlag war es, die Definition zu zerschneiden, damit jeder Schüler einen Teil bekommt und alle zusammen die Aufgabe lösen müssen. Sie hatten dabei viel Spaβ. Sie hatten nie früher in solcher Art gearbeitet.
Ich finde den ganzen Unterricht interessant und gelungen. Alle Aufgaben wurden von den Schülern gern und spontan gelöst. Sowohl die Schüler, als auch ich als Lehrerin waren mit der Arbeit im Unterricht sehr zufrieden.
SPIS TRESCI/ INHALT