Nowosc wydawnicza / Neuerscheinung
Nowa monografia o literaturze cyfrowej / Neue Monographie zur digitalen Literatur:
Ewa Turkowska
Literatur auf der Datenautobahn.
Zur Rolle der digitalen Literatur
im Kommunikations- und Medienzeitalter.
Schneider Verlag Hohengehren, Baltmannsweiler 2016
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Die allgegenwärtige Verbreitung
der neuen Medien hat einen entscheidenden Einfluss auf sämtliche
Lebensbereiche unserer Gegenwart genommen. Unter ihrem Einfluss haben
sich soziale Umgangsformen, Kommunikation, Bildung, Kultur und Kunst
verändert. Die vielfältigen Bezüge zwischen den neuen
Medien, Gesellschaft und Kultur bilden ein breites Forschungsfeld. In
der Soziologie, Kommunikations-, Medien-, Kultur-, Literatur-,
Geschichtswissenschaft, Psychologie, Didaktik, u.a. wird über den
Beitrag der Computermedien zur Entwicklung dieser Disziplinen und
über die neuen Wege, die sie eröffnet haben, intensiv
geforscht.
Für Literatur haben die digitalen Medien tiefgreifende
Veränderungen in der Produktion, Distribution und Rezeption
gebracht, worüber seit ungefähr zwei Jahrzehnten geforscht
wird. Zu den wichtigen Forschungsschwerpunkten gehören
Wesensbeschreibung der digitalen Literatur, ihrer Poetik, Erarbeitung
des notwendigen Begriffsapparats, sowie Darstellung der herausragenden
Werke und Projekte. Die digitale Literatur im Jahre 2016 ist komplett
anders als zu Beginn des neuen Jahrtausends, was v.a. mit der neuen
Entwicklungsphase der digitalen Medien und den damit einher gehenden
Veränderungen auf dem Büchermarkt zusammen hängt (vgl.
Kap. 1.7.). Das rasche Veränderungstempo des Webs 2.0 verursachte,
dass viele digitale Werke um 2000 und Forschungsarbeiten darüber
schon zur Literaturgeschichte gehören. Das zeugt von der
Notwendigkeit einer aktuellen Bestandaufnahme der digitalen Literatur.
In der vorliegenden Arbeit wird der Versuch unternommen, das
Phänomen 'digitale Literatur' vor dem breiten theoretischen
Hintergrund zu schildern, neben literaturwissenschaftlichen auch
kulturelle und soziale Kontexte zu berücksichtigen und von den
Fragen nach dem Was und Wie der digitalen Literatur auch zu denen nach
ihrem Warum und Wozu zu übergehen. Die Arbeit ist
interdisziplinär ausgerichtet und verbindet Literaturwissenschaft
mit Kulturwissenschaft, Medienwissenschaft, Kommunikationswissenschaft,
Literatur- und Internetdidaktik. Sie besteht aus zwei Teilen: im ersten
wird der aktuelle Zustand der digitalen Literatur dargestellt, im
zweiten ihre Funktionen und Interpretationen.
1. Vor dem Anstellen der Betrachtungen über die Bezüge der
digitalen Literatur zu anderen Kulturgebieten und sozialen
Phänomenen kann unmöglich darauf verzichtet werden, sich
über die Erkenntnisse der Literaturwissenschaft zum Wesen der
digitalen Literatur und ihren Erscheinungsformen zu vergewissern.
Obwohl die Forschung zur digitalen Literatur auf eine
zwanzigjährige Geschichte zurückblicken kann, herrscht noch
nicht immer Konsens über manche Begriffe und Erkenntnisse in den
Grundfragen. Daher ist das erste Kapitel den Bezügen zwischen den
neuen Medien und Literatur gewidmet. Insbesondere wird gefragt:
* Welche Erscheinungsformen der Literatur sind
infolge der Begegnung des Literarischen mit den digitalen Medien PC und
Internet entstanden?
* Was haben die digitalen Medien zur
ästhetischen Weiterentwicklung der Literatur beigetragen? Ist der
Beitrag bedeutend/ wertvoll/ zukunftsweisend?
* Welchen Stellenwert hat digitale Literatur in der Gegenwartsliteratur und im Literaturbetrieb von heute?
Die erste Frage bildet den Kern literaturwissenschaftlicher Forschung
zur digitalen Literatur. Die zweite zielt auf die Erörterung,
welchen ästhetischen Mehrwert die Begegnung des digitalen Mediums
mit dem literarischen Gegenstand erzeugt hat. Im Vordergrund stehen
hier literaturtheoretische Erwägungen über strukturelle
Aspekte der digitalen Literaturgattungen. Es wird eine Darstellung
zahlreicher Gattungsausprägungen vorgenommen. Auf die Beschreibung
einzelner Werke und Projekte wird in diesem Teil weitgehend verzichtet,
weil viele davon in anderen Arbeiten präsentiert waren.
Anschließend zur Darstellung der digitalen Literaturgattungen
wird Kontextualisierung durch Schilderung ihrer Rolle in der
Gegenwartsliteratur unternommen und überlegt, welche Rolle die
digitale Literatur im heutigen Literaturbetrieb einnimmt.
Im zweiten Teil wird nach den Bezügen der digitalen Literatur zu
anderen Kulturbereichen sowie ihren gesellschaftlichen und kulturellen
Funktionen in der Mediengesellschaft gefragt. In der heutigen Kultur-
und Literaturwissenschaft sind zwei Paradigmen vorherrschend:
Gedächtnis und Gender. Daher wird untersucht, in welchem
Verhältnis digitale Literatur zu ihnen steht. In diesem
Arbeitsteil wird den einzelnen Werken und Projekten mit Erinnerungs-
und Genderthematik mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Neben typischen
Gattungen werden auch repräsentative Projekte genauer dargestellt
und interpretiert. Den größten Teil der heutigen digitalen
Literatur bildet die erzählende Internetliteratur. Für die
formelle und inhaltliche Analyse der präsentierten Projekte wird
daher auf die transmediale erinnerungskulturelle und genderorientierte
Narratologie zurück gegriffen.
2. Die Kultur- und Medienwissenschaft haben unter dem Einfluss der
neuen Medien eine große Bedeutung der Medien für das
kulturelle Gedächtnis erkannt. Remediation kultureller
Erinnerungsorte, darunter der Werke der klassischen Literatur, ist eine
unabdingbare Voraussetzung für ihre Erhaltung im kollektiven
Gedächtnis. Die Erwägungen in diesem Kapitel kreisen um
folgende Fragen:
* Welchen Stellenwert hat das Internet als (literarisches) Gedächtnismedium?
* Welche Bedeutung für das kulturelle Gedächtnis hat die Remediation der schönen Literatur?
* Welche Projekte der digitalen Literatur sind dem Gedächtnis gewidmet?
Den theoretischen Rahmen für dieses Kapitel bilden das
kulturtheoretische Konzept 'Kultur als Gedächtnis' und das
medientheoretische Konzept der Remediation.
3. Literatur nimmt immer Bezug zur aktuellen Gesellschaftsproblematik,
konfrontiert sich mit den markanten Erscheinungen der Epoche und
ergreift das Wort in der Auseinandersetzung mit der Gegenwart. Einer
der wichtigen Aspekte der heutigen Bewusstseinslage ist die Frauen- und
Genderproblematik. Sowohl in abend- wie in morgenländischen
Gesellschaften wird die Position der Frauen neu definiert, tradierte
Geschlechterrollen und -attribute werden hinterfragt und umgewertet.
Wir leben in einer postpatriarchalischen Gesellschaft, in einer
Umbruchszeit, in der patriarchalische Strukturen schwanken, aber noch
nicht gänzlich überwunden sind. Kampf um Gemüter, Suche
nach neuen wirksamen Mitteln zur Umstimmung der breiten
Gesellschaftskreisen, Durchsetzung neuer Gesellschaftsstrukturen und
Verhältnisse sind für die aktuelle Bewusstseinlage
charakteristisch. Es ist interessant, nach dem Beitrag der digitalen
Literatur zu diesen Umwertungsprozessen zu fragen und zu untersuchen,
in welchem Maße sich die digitale Literatur mit diesen Problemen
auseinander setzt. Im dritten Kapitel wird gefragt:
* Welche digitalen Literaturgattungen sind für die genderorietierten Projekte typisch?
* Welche digitalen Literaturwerke behandeln die Genderthematik?
* Was tragen sie zur Erleuchtung der Genderproblematik, was zur Entwicklung der digitalen Literatur bei?
Den theoretischen Rahmen für diese Erwägungen bilden die
kultur- und medienwissenschaftlichen Gender- und Queer Studies.
4. Computer und Internet haben eine große Bedeutung für die
Literaturvermittlung, sowohl in didaktischen Prozessen der schulischen
Bildung, als auch im außerschulischen Kontakt mit Literatur. Sie
sind an der Erhaltung der Literatur im kollektiven Kulturbewusstsein
aktiv mitbeteiligt und führen zu einer intensiveren Teilnahme des
Lesepublikums am literarischen Leben. Die Weitergabe der Literatur an
die neuen Generationen ist eine wichtige Bildungsaufgabe. Die neuen
Medien üben eine große Faszination auf die junge Generation
aus, daher sind der Einsatz der digitalen Literaturwerke und digitale
Literaturvermittlung diese Problemfelder, die mit der digitalen
Literatur aufs Engste zusammen hängen. Im Kap. 4 werden daher
folgende Fragen erörtert:
* Welchen Stellenwert hat Liternet in der Literaturdidaktik?
* Wie kann man bestehende digitale Literaturremediationen didaktisch ausnutzen?
* Welche Inspirationen für eigene kreative
Arbeit der Lerner lassen sich den digitalen Gattungen und
Literaturwerken entnehmen.
Im Kap. 5. 'Digitale Literatur und Partizipationskultur' werden
Literatur als wichtige Antriebskraft für Teilnahme der Prosumenten
an der Herstellung der Inhalte für das Web 2.0, und Liternet als
wichtiger Bestandteil der Partizipationskultur in der
Mediengesellschaft dargestellt. Den theoretischen Hintergrund
dafür bildet die Kommunikations- und Medienwissenschaft.
Im abschließenden Kapitel 6 werden die früheren Überlegungen zusammen gefasst.
Wenn das Buch zum größeren Interesse an der digitalen
Literatur und ihrer Rolle in der Mediengesellschaft beiträgt, ist
seine Aufgabe erfüllt.
Ewa Turkowska
Inhaltsverzeichnis
Teil 1. Digitale Literatur
1. 'Digitale' und 'Literatur'
1.1. Begriffsklärung
1.2. Einteilungskriterien und Gattungen der digitalen Literatur
1.3. Literatur im Internet
1.4. Digitale Epik
1.4.1. Erzählen als grundlegende Kulturpraxis
1.4.2. Internetepik
1.4.3. Computerepik
1.4.4. Digitale Epik vor dem Hintergrund der Erzähltraditionen
1.4.5. Veränderung des Erzählens unter dem Einfluss der Computermedien
1.4.6. Beitrag der Internet- und Computerepik zur modernen Erzählliteratur
1.5. Digitale Lyrik
1.5.1. Lyrik als ursprüngliche Literaturpraxis
1.5.2. Internetlyrik
1.5.3. Computerlyrik
1.5.4. Lyrik zwischen Tradition und Digitalästhetik
1.5.5. Veränderung der Lyrik unter dem Einfluss der neuen Medien
1.5.6. Beitrag der Internet- und Computerlyrik zur Gegenwartslyrik
1.6. Digitale Dramatik
1.6.1. Dramatik, Theater, Medien und Digitalität
1.6.2. Internetdrama
1.6.3. Computerdrama
1.6.4. Vorgänger und Kontexte
1.6.5. Digitale Theaterformen im Gegenwartstheater
1.7. Beitrag der digitalen Literatur zur Gegenwartsliteratur
1.7.1. Digitale Literatur im Kontext der Postmoderne
1.7.2. Beitrag zur Weiterentwicklung der Literatur
1.7.3. Stellenwert in der Gegenwartsliteratur
1.7.4. Bedeutung im Literaturbetrieb
Teil 2. Funktionen und Interpretationen
2. Digitale Literatur und Gedächtnis
2.1. Kultur – Gedächtnis – Literatur
2.1.1. Kultur als Gedächtnis
2.1.2. Gedächtnis in der Literatur
2.1.3. WWW als literarisches Speicher- und Funktionsgedächtnis
2.2. Funktionsgedächtnis, Remediation, Literatur
2.2.1. Remediation als Faktor des Funktionsgedächtnisses
2.2.2. Textuelle Remediation der Literatur im WWW
2.2.3. Audiovisuelle Remediation der Epik und Dramatik
2.2.4. Audiovisuelle Lyrik-Remediation
2.2.5. Remediation der Literatur auf Twitter
2.2.6. Didaktische Erläuterungen zur Literatur
2.2.7. Remediation und Rezeption
2.3. Gedächtnisprojekte
2.3.1. Zeitzeugenportale
2.3.2. Erinnerungs-Mitschreibeprojekt
2.3.3. Erinnerungen auf Foren, Blogs, Webseiten
2.4. Narratologie und Erinnerung
2.4.1. Theoretische Grundlagen
2.4.2. Narrative Form der Erinnerungserzählungen im WWW
2.5. Beitrag der digitalen Literatur zum kollektiven Gedächtnis
3. Digitale Literatur und Gender
3.1. Gender – Literatur – Medien
3.1.1. Schwerpunkte der Genderforschung
3.1.2. Gender in der Literaturwissenschaft und Literatur
3.1.3. Gender und Medien
3.1.4. Gender und Internet
3.2. Gattungen und Formate der digitalen Gender-Literatur
3.2.1. Autobiografische Erzählungen auf Portalen und Diskussionsforen
3.2.2. Fiktionale Erzähltexte in Themenportalen
3.2.3. Fanfiktionen und Fortsetzungsgeschichten
3.2.4. Internetroman
3.2.5. Mitschreibeprojekt
3.3. Narratologie und Gender
3.3.1. Theoretische Grundlagen
3.3.2. Narrative Form der Gender-Internetliteratur
3.4. Bedeutung der digitalen Literatur für Genderproblematik
4. Digitale Literatur und Didaktik
4.1. Begriffe
4.2. Literarisches Lernen mit Liternet
4.2.1. Einsatzbereiche des Liternets in der Literaturdidaktik
4.2.2. Ziele, Inhalte, Methoden
4.2.3. Digitale Literatur in der Literaturdidaktik
4.3. Literatur im Internet
4.3.1. Einsatz der vorhandenen Literatur-Remediationen
4.3.2. Kreative Arbeit an neuen Literatur- Remediationen
4.4. Internetliteratur
4.4.1. Einsatz der vorhandenen Werke der Internetliteratur
4.4.2. Kreative Arbeit an eigenen Formen der Internetliteratur
4.5. Computerliteratur
4.5.1. Einsatz der vorhandenen Werke der Computerliteratur
4.5.2. Kreative Arbeit an eigenen Formen der Computerliteratur
4.6. Bedeutung der digitalen Literatur in literarischen Lernprozessen
5. Digitale Literatur und Partizipationskultur
5.1. Kommunikation und Medien in der Gesellschaft
5.2. Mediatisierung und Partizipationskultur
5.3. Digitale Literatur als literarische Partizipationskultur 2.0
6. Fazit
Bibliographie
Primärliteratur
Sekundärliteratur